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    Raymond & Ray

    Leo Solledervon Leo Solleder20. Oktober 2022Keine Kommentare5 min Lesezeit
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    Auf einem weiten Feld sieht man links Ethan Hawke, neben ihm gelehnt Ewan McGregor. Rechts neben ihnen prangt der Titel des Films "Raymond & Ray"
    Das Plakat zu Raymond & Ray © Apple TV+
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    Ethan Hawke und Ewan McGregor in einem Film? Eine Traumkombination vieler Filmfans. Das Duo verkörpert in Raymond & Ray ein ungleiches Brüderpaar, das durch den Tod des Vaters wieder zusammenkommt. Gelingt Apple TV+ ein weiterer Streaming-Geheimtipp?  Die Antwort verraten wir euch hier!

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    Auf einem weiten Feld sieht man links Ethan Hawke, neben ihm gelehnt Ewan McGregor. Rechts neben ihnen prangt der Titel des Films "Raymond & Ray"
    Das Plakat zu Raymond & Ray © Apple TV+

    Die Handlung von Raymond & Ray

    Raymond & Ray erzählt die Geschichte von zwei unterschiedlichen Halbbrüder, die sich wieder annähern als ihr Vater verstirbt. Während Ray (Ethan Hawke) als Draufgänger und Lebemann gilt, fühlt sich Raymond (Ewan McGregor) gefangen in den Routinen seines langweiligen Jobs. Beide eint jedoch die Distanz zu ihrem Vater. Das wird besonders in Rays Verhalten deutlich. Der Vater erschwert den beiden Brüdern auch nach seinem Ableben noch die Planung seiner Beerdigung. Neben skurrilen Anweisungen zu seiner Bestattung gibt er seinen Söhnen auch den Auftrag sein Grab selbst zu schaufeln.

    Während der Planung und Durchführung der Beerdigung entdecken sowohl Raymond als auch Ray Erstaunliches: Egal ob sie auf Anwälte, Pastoren, Pflegerinnen oder die ehemalige Geliebte Lucia (Maribel Verdú) treffen, alle scheinen nur Gutes über ihren Vater zu berichten. Daher stellt sich für beide Brüder die Frage, wer Recht hat: Die Kinder, die ihren Vater aus Kindestagen kennen oder die Menschen, die ihn am Lebensende begleitet haben?

    Während im Hintergrund ein Friedhof erkennbar scheint, sind im Vordergrund Ewan McGregor und Ethan Hawke erkennbar
    Ungleiche Brüder: Raymond und Ray treffen nach dem Tod ihres Vaters aufeinander ©Apple TV+

    Frieden schließen mit dem Vater

    Auch wenn er schon ab Beginn des Films nicht mehr lebt, so ist der der gemeinsame Vaters in der Handlung von Raymond & Ray omnipräsent – besonders in den ersten 40 Minuten. Dort ist es der Unmut über den Vater, der viele Dialoge antreibt und auch zu den absurd-witzigen Momenten führt. Denn auch wenn man über die beiden Brüder recht wenig erfährt, vom Vater wird ein erstaunlich detailgetreues Bild des Vaters gezeichnet: Ein Mann voller Absurditäten, Eigenheiten und doch auch ein Mensch mit Charisma. Ein  facettenreicher Gegensatz zum Bild des Vaters, welches seine Söhne von ihm besitzen. Genau diese unterschiedlichen Wahrnehmungen führen zu einigen herrlichen komödiantischen Spitzen, die genau den richtigen Ton treffen.

    Jedoch driftet die Apple-Produktion nie zu sehr in Richtung eines rein humoristischen Tons ab. Denn neben den vermeintlich positiven Aspekten, die die späteren Wegbegleiter:innen beschreiben, ist auch immer klar erkennbar, dass sowohl Raymond als auch Ray vom missbräuchlichen Verhalten ihres Vaters traumatisiert zurückgelassen wurden. Um diesen Schmerz überzeugend einzufangen, nutzt der Film die ganze Erfahrung seiner beiden Hauptdarsteller. Sowohl Hawke als auch McGregor benötigen gar nicht die emotionalen Dialoge, um ihren Schmerz auszudrücken. Es sind schon die stillen Momente, mehr noch die Gesten als die Worte, in denen die schwierige Beziehung von Raymond und Ray zu ihrem Vater wunderbar eingefangen wird.

    Auf einer Picknickdecke sitzen lachend links Lucia und rechts neben ihr Kiera
    Verschiedene Meinung: Ex-Geliebte Lucia und Pflegerin Kiera halten zeigen den Brüdern ein neues Bild ihres Vaters auf © Apple TV+

    Hätte man doch nichts gesagt

    Diese Stille bricht jedoch mit zunehmender Laufzeit auf und rückt den Fokus weg von der Auseinandersetzung zwischen Brüdern und Vater und sich selbst. Auch die Personenanzahl in Garcías Werk nimmt im Verlauf zu. Und quasi wie auf einer realen Beerdigung treten auch dort Personen auf, die nicht nötig für deren Ablauf gewesen wären. Ab der Mitte des Films löst sich so leider die bis dahin enge Bindung zwischen Publikum und Handlung. Die größte Schwäche von Raymond & Ray tritt hervor: Denn auch wenn Rodrigo Garcías Regie aufgeht, sein Drehbuch  zeugt von größeren Schwachstellen.

    Der zu Beginn großartige Konflikt der Brüder mit ihrem Vater verschwimmt zugunsten einer Doppelkonstellation von Raymond und Ray und zwei Besucherinnen der Beerdigung. Die daraus resultierenden Handlungsstränge führen den Ursprungskonflikt nicht weiter, sondern verlagern ihn nur an andere Orte. Das viel größere Problem dabei ist jedoch die Aufsplitterung des bislang gut harmonierenden Brüderpaars. Die Chemie und das Charisma der beiden Protagonisten wird einer halb garen Story geopfert. Diese Entscheidung stimmt traurig, weil sehr deutlich ist, wie viel Potential hier aufgrund eines recht schwachen Drehbuchs verschenkt wurde.

    Unser Fazit zu Raymond & Ray

    Raymond & Ray ist in seinen besten Momenten ein fantastisch elaboriertes Drama mit komödiantischem Anstrich. Hier gelingt es auch, beide Hauptdarsteller als ungleiches Brüderpaar zu etablieren. Gezeichnet vom missbräuchlichen Vater und gefangen in der Bürokratie einer Beerdigung, sind es oft die kleinen, stillen Momente, die die Dynamik von Raymond & Ray fast magisch machen. Leider gelingt es Regisseur und Drehbuchautor Rodrigo García nicht, diese Momente über den gesamten Film aufrecht zu halten. Die Charakterzeichnung der Figuren verschwimmt zusehends. Erst in der letzten Szene kehrt das Feingefühl der ersten 40 Minuten nochmals zurück. Die beiden Stars des Films, Ethan Hawke (Moon Knight) und Ewan McGregor, sind es, die Raymond & Ray noch im Positiven halten und dem recht flachen Drehbuch noch das gewisse Etwas einhauchen. Wer Fan der beiden Schauspieler ist, wird sich über ihre reifen Leistungen freuen. Abgesehen davon ist die Apple-TV-Verfilmung nur bedingt eine Empfehlung.


    © Apple TV+

    Leo Solleder

    Léo wollte eigentlich Theaterschauspieler werden, nun ist der Medienkulturwissenschaftler freier Journalist, Social Media Manager und Redakteur. Seine Liebe für die Bretter, die die Welt bedeuten, zeigt sich allerdings immer wieder in seiner Filmvorliebe für Kammerspiele. Diese dürfen gern international, etwas cheesy und gut geschrieben sein, doch eigentlich ist Léo genretechnisch dann doch vielfältig. Immer wieder von A24-Produktionen begeistert und dennoch mit dem Gespür für deutsche Fernsehfilme der 60er-Jahre podcastet und schreibt sich Léo seit Dezember 2021 durch die Redaktion von "Filmtoast", außerdem betreibt er mit seinem Redaktionskollegen Kenan den Popkultur-Podcast "Bleibende Schäden". Immer auf der Suche nach neuen Blockbustern und kleinen Genreperlen, die vielleicht irgendwann mal den Status seiner Lieblingsfilme "Fight Club" und "Whiplash" erreichen können.

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