Jason Momoa widmet sich in Apple TV+ neuer Historienserie Chief of War einer besonderen Geschichte, die sich auf Hawaii abgespielt hat. Glänzt Aquaman endlich wieder in einer seriösen Produktion?

Darum geht’s in Chief of War
Die epische und so noch nie erzählte Geschichte von Chief of War folgt den Geschehnissen während der Vereinigung und Kolonisierung Hawai‘is um die Wende des 18. Jahrhunderts.
Hawai’ikings.
Die neue Apple TV+-Show ist zwar schon sehr – sowohl inhaltlich als auch in Sachen Promotion – auf den großen Star im Cast, Jason Momoa, zugeschnitten, doch dieser Kniff ist vielleicht auch notwendig, um das Interesse an einer uns doch sehr unzugänglichen historischen Begebenheit zu schüren. Chief of War beruht dabei auf wahren Geschehnissen, ist nah an den Tatsachen gehalten und mischt beispielsweise weniger Sagen-Elemente mit in die historisch verbriefte Geschichte wie Vikings.
Doch alles in allem ist wohl, obwohl man geografischer nicht weiter davon weg sein könnte und zwischen den Ereignissen Jahrhunderte liegen, diese Historien-Actionserie am ehesten mit dem Hitformat über die Nordmannen zu vergleichen. Wer also generell Interesse hat, sich auf doch sehr unterhaltsame Art und Weise geschichtlich weiterzubilden und in eine indigene Kulturgeschichte einzusteigen, über die im deutschen Geschichtsunterricht überhaupt keine Silbe fällt, der bekommt nun einen wirklichen starken, fantastisch bebilderten Anknüpfungspunkt geliefert.
Auch wenn es hier – wieder analog zu Vikings – alles andere als zimperlich zugeht, so ist der heimliche Star, der meiner Meinung nach dem Aquaman–Star die Schau stiehlt, die Landschaft. Die Kameraarbeit in Chief of War ist atemberaubend und setzt die Trauminseln in ihrer vollen Pracht eindrucksvoller in Szene als so manches Reisemagazin. Wasserfälle, naturbelassene Urwälder, Ebenen farbenprächtiger als so manch ein Regenbogen: Dadurch, dass es den Machern so wichtig ist, zu zeigen, wie paradiesisch diese pazifische Inselwelt ist, wird ohne große Worte deutlich, weshalb es sich für die Einheimischen lohnt, so sehr dafür zu kämpfen, dass sich hier keine Eindringlinge breitmachen können.
Nackte Männer, gespaltene Schädel und Untertitel-Pflicht
Doch die Landschaft ist nicht das einzige Elemente, das hier visuell abgefeiert wird. Auch die ebenfalls sehr bunten Gewänder der Stämme zeugen von Apples Anspruch beim Produktionswert. Hier legt man tatsächlich die Kino-Messlatte an, denn audiovisuell spielt Chief of War locker in der Liga von Black Panther mit und steckt den story-technisch und in Sachen Kostümen ähnlich gelagerten The Woman King locker in die Tasche! Atemberaubend sind dann auch nicht nur die Outfits, sondern auch das, was die Figuren, die keine Klamotten am Leib tragen, auf ihrer Haut haben: Die Tätowierungen sehen echt, originalgetreu und vor allem wahrhaft bedrohlich aus und erfüllen damit voll ihre Wirkung. Die indigenen Krieger haben eine derart brutale physische Präsenz, dass man ihre Stärke in den gut inszenierten Kämpfen ohne mit der Wimper zu zucken für bare Münze nimmt – freilich wird hier natürlich etwas übertrieben, um noch wuchtiger zu scheinen.
Gespart wird weder an Brutalität noch an Drastik, denn mit den schon martialisch designten Waffen werden hier mehr als nur Schädel gespalten. Nichtsdestotrotz ist dies nicht ganz so explizit fotografiert wie bei Vikings und entsprechend auch etwas zugänglicher für diejenigen, die sich von zu viel Gore leicht abschrecken lassen.
Was jedoch auch droht, einige Zuschauer abzuschrecken, ist die Tatsache, dass die weite Teile der Serie in der Sprache der Inselbewohner erzählt wird – und dementsprechend (ähnlich wie zuletzt bei Shōgun) Untertitel zu lesen Pflicht ist. Das bringt zusätzliche Authenizität, aber birgt immer das Risiko, den Blick zu sehr nach unten abschweifen zu lassen.
Momoa überstrahlt die Sachlichkeit
Wer sich an Jason Momoas Auftritt im letzten Fast & Furious-Teil erinnert, der weiß, dass der Khal Drogo-Darsteller noch immer nicht abgelegt hat, mit seiner Aura die komplette Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und Momoa kokettiert auch hier wieder mit seinem Status als Projektionsfläche… Natürlich ist er permanent oberkörperfrei unterwegs, um seine beeindruckende Physis zur Schau stellen zu können und natürlich wird dies mit überbordendem Zeitlupeneinsatz dann auch nochmal fast bis zur Karikaturschwelle getrieben. Ja, so ein Star ist für eine solche Produktion obligatorisch, um Massentauglichkeit zu erreichen, aber hier gibt es immer wieder Szenen, in denen man sich wünscht, der A-Lister würde sein Ego-Gebaren noch ein Stückweit mehr der Sache unterordnen.

Ein bisschen ist die Geschichte schon nach einem bekannten dramaturgischen Schema gestrickt, das von anderen „Ein Volk verteidigt sich gegen die ,bösen‘ Invasoren“-Filmen und -Serien kennt. Da spielt typischerweise dann auch Pathos eine Rolle, den man akzeptieren muss als Zuschauer. Und auch ein bisschen zu dick aufgetragen wird hier und da in Chief of War, wie man es beispielsweise auch in Braveheart schlucken musste.
Doch demgegenüber entschädigt dann allein der Einblick in diesen Kulturkreis und die Tatsache, dass man hier zu keiner Zeit das Gefühl hat, dass hier irgendwie auf die dargestellten indigenen Volksgruppen herabgeblickt wird. Ganz im Gegenteil ist die Art und Weise wie Jason Momoa und Co. hier die Hawai’ianische Vergangenheit vermitteln, mit viel Fingerspitzengefühl versehen und macht dann nicht nur Lust auf Urlaub auf den Vulkaninseln sondern auch darauf, sich noch weiter mit der Thematik auseinandersetzen zu wollen.
© Apple TV+
Unser Fazit zu Chief of War
Mit Chief of War legt Apple TV+ für Fans von Historiendramen ein starkes Stück hin. Bildgewaltig, ruppig, mitreißend und dabei auch noch informativ gelingt es der Serie auf den Spuren von Vikings und Co. einer weiteren spannenden Kultur ein serielles Denkmal zu bauen. Nur ein bisschen dramaturgische Zuspitzung und einen typischen Fokus auf Jason Momoa als Protagonist muss man verschmerzen, was aber nicht allzu schwerfällt.
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.

