Allzu viele Originals hat Sky nicht mehr vorgebracht in letzter Zeit, aber wenn man für The Iris Affair nun tatsächlich den Luther–Schöpfer Neil Cross gewinnen konnte, gebührt dem Neustart doch die Neugier: Wie ist der Thriller?
Darum geht’s in The Iris Affair
Als das rätselhafte Genie Iris Nixon eine Reihe von komplexen Online-Rätseln knackt, führen sie die Lösungen zu einer Piazza in Florenz, wo sie auf den charmanten Unternehmer Cameron Beck trifft. Er lädt sie ein, für ihn zu arbeiten, um eine mächtige und streng geheime Technologie zu entschlüsseln. Ihre Neugier ist geweckt, und sie sagt zu. Doch als Iris entdeckt, welches gefährliche Potenzial die Technologie birgt, stiehlt sie das Tagebuch, das die Aktivierungssequenz des Geräts enthält und verschwindet. Eine unerbittliche Verfolgungsjagd nimmt ihren Lauf, die von Sardinien bis auf die belebten Straßen Roms führt. In einem höchst riskanten Spiel versucht Cameron die abgetauchte Iris zu finden. Schnell wird klar: Vertrauen ist gefährlich und Scheitern könnte katastrophale Folgen haben.

Sky und die Thriller-Serien
Der einstige Pay-TV-Pionier Sky ist längst nicht mehr der Tonangeber im Unterhaltungsfernsehen. Hat man doch erst den Streaming-Trend etwas verpennt, dann in Regelmäßigkeit unternehmerisch fatale Entscheidungen getroffen und just bevor man das Deutschlandgeschäft nun an RTL verscherbelt hat, quasi alle fiktionalen Eigenproduktionen abgesägt. Eines der letzten Projekte, das noch vorangetrieben wurde, ist eben diese Thrillerserie, mit der man an zuletzt gelandete Achtungserfolge im selben Genre anknüpfen will. Denn unter anderem hat man mit The Lazarus Project qualitativ doch mehr als solide Kost geboten und dann mit der Neuverfilmung von The Day of the Jackal gar einen veritablen Hit vorgelegt, der mit Eddie Redmayne an Bord dann auch in eine zweite Runde gehen darf.
Entsprechend stehen bei The Iris Affair nun rein auf dem Papier schon mal die Vorzeichen gar nicht schlecht: Verantwortlicher Showrunner ist mit Neil Cross ein Thriller-Veteran, der vor allem mit Luther einen zeitlosen Klassiker des britischen Krimifernsehens kreativ verantwortet hatte. Neben Niamh Algar (Raised by Wolfes) und dem Emmy-nominierten Tom Hollander (The White Lotus) gehören zum Cast dann noch unter anderem Kristofer Hivju (Game of Thrones) und Harry Lloyd (Arcane). Und wenn man für die Regie Terry McDonough (Breaking Bad, Better Call Saul) und Sarah O’Gorman (A Gentleman in Moscow, The Witcher) vorweisen kann, dann ist die Grundlage doch mehr als solide für ein Ausrufezeichen in diesem Serienherbst.
Wannabe-Bond …
So hoch die Veranlagung für dieses Projekt sind, umso ernüchternder ist dann das, was tatsächlich herausgekommen ist. Denn The Iris Affair ist nicht mehr als eine ziemlich oberflächlich gezeichnete MacGuffin-Jagd von einem schön inszenierten Ort in Italien zum nächsten. Ja, das weckt Urlaubsgefühle wie es auch die Bond-Filme regelmäßig tun. Doch während bei anderen weltumspannenden Spionage-Thrillern eben vordergründig doch die Spannung innerhalb der Story fürs Dranbleiben verantwortlich zeichnet, ist es hier ziemlich dominant das Dolce-Vita-Flair, was die ziemlich abgedroschene Handlung zu Nebensächlichkeit verkommen lässt.
Ein zwielichtiger Mäzen heuert ein Mathe-Genie an, lockt es mittels einer scheinbar überkomplexen Challenge über den Schatten zu springen und entgegen jedweder Bedenken einzusteigen. Dann kommen die Skrupel und aus den Partnern werden Feinde. So weit, so innovationsfrei. Dass man sich hier für eine sprunghaft, nicht chronologische Erzählform entschieden hat, sorgt jedoch schon für einen gewissen Sog und dafür, dass man sich nicht direkt alle Teile zusammenreimen kann. Allein dieses dramaturgische Gespür unterstreicht, dass hier doch im Stoff etwas schlummerte, was für einen packenden Thriller Grundlage genug war.
… mit TV-Schauwerten
Und auch die Hochtechnologie-Einflüsse, die dem Ganzen einen leichten Sci-Fi-Anstrich verleihen, fördern die Neugier, werden aber nie in Vollkommenheit ausgespielt. Stattdessen verkommt diese Serie im Verlauf zu einem ziemlich unterkomplexen Standard-TV-Format, bei dem man sich immer wieder fragt, wer a) die Zielgruppe hierfür sein soll und b) ob es nicht ganz okay ist, auch heutzutage noch so einen Routine-Thriller auf den Platz zu schicken, weil doch viele Vergleichstitel, die ebenfalls so standardmäßig daherkamen, inzwischen längst vergessen sind – wodurch für viele Zuschauende The Iris Affair womöglich sogar eine gewisse Frische vorgaukeln wird.
Und immerhin würde sich die Serie ja im Vergleich mit klassischen TV-Produktionen ordentlich schlagen, wenn eben nicht mit den aktuellen Benchmark-Titeln der heutigen Platzhirsche. Entsprechend ist auch die Optik eher an den 20.15 Uhr-RTL-Look angelehnt als an Kinofilme: messerscharf und ohne Tiefenschärfeeffekte.

Gut konstruierte Hatz mit motiviertem Personal
Bei allen Vorwürfen in Bezug auf die mangelnden Ambitionen dieses Routine-Projekts kann man keinesfalls den beteiligten Darstellenden unterstellen, sich nicht trotzdem voll reinzuknien und mit ihren Rollen zu engagieren. So ist Niahm Algar als Protagonistin hier eine exzellente Wahl, kann sie sich doch endlich mal in der ersten Reihe eines Projekts beweisen. Als knallharte, vor allem aber intellektuell überlegene Quasi-Agentin gibt sie eine tolle Vorstellung ab und bildet einen klasse Kontrast zu Tom Hollander, der mal wieder mit seiner Süffisanz zu changieren weiß, wie beispielsweise schon in The Night Manager oder in seine The White Lotus-Rolle. Seinem Spiel wohnt immer eine gewisse Unberechenbarkeit inne, die einem so konventionellen und vermeintlich vorhersehbaren Sujet gut zu Gesicht steht.
Stellenweise ist The Iris Affair sogar wesentlich härter als man meinen dürfte, was wiederum doch für die Verortung im Streaming-Zeitalter spricht. Alles in allem stimmt auch der Spannungsaufbau, wenngleich man mit acht Folgen doch am oberen Ende dessen kratzt, was an Lauflänge für diese Geschichte noch zuträglich ist. Optimal wären wohl eher sechs Folgen gewesen, dann wären auch die leichten Längen noch ausgemerzt gewesen.
© Sky Deutschland
Unser Fazit zu The Iris Affair
The Iris Affair ist ein Routine-Spionage-Thriller mit einer fesselnden Performance der Titelfigur und einigen sehr sehenswerten Schauplätzen. Ob man sich lange an diese Story erinnern wird, sei dahingestellt, aber verschwendete Zeit ist die Sky-Serie auf keinen Fall.
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.

