Im Kopf des Killers – A Wounded Fawn ist ein irrer psychedelischer Horror-Trip ins Innenleben eines Serienkillers. Eine Art kunstvoller Giallo mit feministischen Akzenten. Hier erfahrt Ihr mehr.

Die Handlung von Im Kopf des Killers
Meredith Tanning (Sarah Lind), Kuratorin eines Museums, hat in Im Kopf des Killers ein Date mit dem charmanten Bruce Ernst (Josh Ruben). Die beiden fahren in seine abgelegene Luxushütte im Wald. Nach einer längeren und enttäuschend zu Ende gegangenen Beziehung will sich Meredith endlich einmal wieder flachlegen lassen, wie sie ihren Freundinnen verrät. Was sie nicht weiß: Bruce ist ein Serienkiller.
Sein jüngstes Opfer war Kate Horna (Malin Barr), die ihm auf einer Kunstauktion eine antike Skulpturengruppe namens „Der Zorn der Erinnyen“ vor der Nase weggeschnappt hatte. Genau diese Figur hatte Meredith zuvor als Sachverständige begutachtet und findet sie nun auf dem Tisch in Bruces Hütte. Doch ihr nun wachsendes Misstrauen kommt zu spät. Oder ist es doch am Ende Bruce, der dem Zorn der gestohlenen Rachegöttinnen nicht entgehen kann?
Ein feministischer Horrorfilm?
Es ist schon ein Statement, wenn Im Kopf des Killers mit einem Zitat von Leonora Carrington eingeleitet wird. Carrington (1917 – 2011) war eine der bedeutendsten surrealistischen Malerinnen und Autorin und leider bis heute zu Unrecht relativ unbekannt. Sie war auch eine Ikone des Feminismus. Das Zitat von ihr, das als Schriftzug den Film von Travis Stevens einleitet, lautet: „I suddenly became aware that I was both mortal and touchabel and that I could be destroyed.“ Wörter, mit denen die Künstlerin ihre Erfahrungen in einer Irrenanstalt reflektierte. Aber auch eine Erfahrung, die Frauen häufiger machen als Männer. Und sogar das Thema von Meredith’s Abschlussarbeit an der Uni passt: Über die Auslöschung von Künstlerinnen.
Auch der kryptische Originaltitel des Films A Wounded Fawn – ein verwundetes Rehkitz – erinnert an die von keltischer Mystik geprägte Verbindung Carringtons zur Tierwelt, so wie die später halluzinatorisch in Erscheinung tretenden Tiermasken. Ob Im Kopf des Killer nun tatsächlich als feministischer Horror zu sehen ist? Eine entsprechende Kategorisierung ist durchaus problematisch, auch, da der Film nun mal weitgehend von Männern gedreht worden ist. Eine diesbezüglich abschließende Beurteilung überlasse ich lieber Frauen.
Kunst im Film oder ein Kunstfilm?
Eins ist jedoch eindeutig: Kunst spielt Im Kopf des Killers eine besondere Bedeutung. Die ersten Bilder zeigen Detailaufnahmen der antiken Figurengruppe aus verschiedenen Winkeln. Es folgen scheinbar sinnbefreite Schnitte auf andere Details: Augen, ein Mund, Krawatte, Krawattennadel, Schmuckstücke, ein Einstecktuch und schließlich das an eine Freundschaftsarmband erinnernde Armband des Killers. Ein Hämmern aus dem Off macht klar: Wir befinden uns auf einer Auktion, musikalisch untermalt von seltsamen, archaisch anmutenden Trommelklängen.

Schon diese Versteigerung wirkt merkwürdig der Realität entrückt. Sie findet offenbar nur unter Agenten statt, die den Auktionator in einer arenaartig angelegten Gruppe von Stehpulten umgeben und mit ihren Klienten übers Handy verbunden sind. Kunst ist in dem Film allgegenwärtig. Sei es beim Treffen der Freundinnen in einer Galerie oder in Bruces Hütte, wo ein abstraktes Gemälde bildfüllend an der Wand hängt. Zerlegte Granatäpfel auf einem weißen Teller wirken in ihrem roten Saft dann nicht nur wie ein modernes Stillleben, sondern auch wie die Vorboten kommenden Unheils. Die mystischen Erscheinungen der Erinnyen, die Bruce später halluziniert, oder die ihn tatsächlich heimsuchen, könnten ebenfalls künstlerischen Darstellungen entsprungen sein.
L.S.D. im Kopf des Killers
Mit dem Versuch, auch Meredith zu töten, wobei Bruce dabei meint, den Befehlen einer riesigen roten Eule gehorchen zu müssen, begibt sich Im Kopf des Killers dann vollständig in eben denselben. Was ist real? Was ist Illusion oder Halluzination? Hat er Meredith getötet oder lebt sie noch? Hat sie ihn verletzt, so dass er deliriert? Takt gebend ist eine Single (so nannte man in früher Vorzeit kleine Vinyl-Schallplatten mit einem Track auf jeder Seite). Eine alte Bluesnummer von Manfred Mann aus seiner Vor-Earth-Band-Zeit: L.S.D. (1965). Nun hat der Song zwar inhaltlich eher wenig mit Drogenrausch zu tun, der Titel indes ist programmatisch. Und dies eben auch für den Film von Travis Stevens.
Denn von nun an steigert sich Im Kopf des Killer immer mehr in einen psychedelisch-surrealistischen Alptraumritt. Blitzartige Sound- und Farbeffekte visualisieren die zunehmenden Irritationen, die hervorragend eingesetzte Musik von Vaal und das großartige Sounddesign verstärken die Wirkung der halluzinatorischen Bilder.
Psychedelische Sogwirkung
Im Kopf des Killer entwickelt dadurch einen psychedelischen Sog, der einen mitreißen kann – falls man sich darauf einlassen mag. Als Horrorthriller um einen Serienmörder funktioniert der Streifen weniger gut, da er zwar einige nette Jump-Scares bietet, aber nur mit wenigen Überraschungen aufwartet. Doch wenn der Killer zum Gehetzten seiner eigenen Wahnvorstellungen wird, ist das eine interessante Umkehr der üblichen Genrestrukturen. Das gilt auch dann noch, wenn man die Furien als gegenständlich akzeptiert und den Horror damit als filmische Realität. Kann jeder und jede halten, wie es beliebt.
Deutlich wird die feministische Botschaft in dem Vorwurf der Erinnyen: „Du beraubst Frauen ihrer Macht, ihrer Schönheit und ihres Lebens, denn Du hasst es, dass Du nichts davon besitzt.“ Und am Ende bekommt der bösartige Charmeur – ohne damit allzu viel verraten zu wollen – die ultimative Antwort: „Ach komm, fick Dich doch!“
© Tiberius Film
Unser Fazit zu Im Kopf des Killers
Der Horrorthriller Im Kopf des Killers ist ein famoser psychedelischer Alptraum in einer künstlichen und von Kunst erfüllten Welt. Ein wenig erinnert das an den frühen Dario Argento, auch wenn Travis Stevens nicht nur stilistisch gänzlich andere Wege beschreitet. Auch wenn der Anfang etwas steif daher kommt, erwartet einen schon bald ein surrealistischer Bilderrausch, auf dessen Sogwirkung man sich einlassen sollte. Wem das schwer fällt, dem könnte der Film etwas sperrig vorkommen. Musik und Sounddesign verstärken die Wirkung der halluzinatorischen Bilderflut.
Im Kopf des Killers erschien am 3. April 2025 auf DVD und Blu-ray. Digital ist der Film ist bereits seit 13. März erwerbbar, ab dem 20. März auch zu leihen.
Andreas lebt im Raum Hannover. Er ist Journalist und fest angestellter Redakteur bei einer Tageszeitung – und nebenbei Musiker in einer Bluesrock-Band. Bei Filmtoast schreibt er seit 2019 Rezensionen. Filmfan ist er, seit er im zarten Alten von sechs Jahren von seiner Mutter jeden Sonntag in die Kindervorstellung des Stadtteilkinos abgeschoben wurde (so was gab es damals noch). Lieblingsgenre: Western, insbesondere die italienische Variante. Daher ganz klar der Lieblingsfilm: Spiel mir das Lied vom Tod, den er mit 12 schon dreimal im Kino gesehen hatte. Aber es gibt kaum ein Genre, dem er nichts abgewinnen kann. Weitere Favorites: Der Tod in Venedig, Im Zeichen des Bösen, 2001 sowie Leichen pflastern seinen Weg. Tja, und sein Guilty-Pleasure-Favorite ist Predator 2 von dem total unterschätzen Stephen Hopkins. Filme guckt er zwar gerne im Kino, ist aus Zeitmangel aber auf das Heimkino gewechselt, weshalb seine private Filmsammlung auch mehr als 1000 Titel umfasst.

