Fortsetzungen haben es selten leicht – erst recht, wenn ihr Vorgänger einen Kultstatus genießt. Kann The Accountant 2 an die Erfolge des Vorgängers anknüpfen, oder hat es sich ausgezählt?
The Accountant 2 – die offizielle Handlungsangabe
Als ihr ehemaliger Chef Ray King (J.K. Simmons) von unbekannten Attentätern ermordet wird, bleibt Treasury-Agentin Marybeth Medina (Cynthia Addai-Robinson) keine Wahl: Sie muss den untergetauchten Christian Wolff (Ben Affleck) kontaktieren. Gemeinsam mit seinem entfremdeten Bruder Braxton (Jon Bernthal) nimmt Wolff die Ermittlungen auf. Doch je näher sie der Wahrheit kommen, desto gefährlicher wird es – denn sie geraten ins Visier eines skrupellosen Menschenhändlerrings und anderer tödlicher Gegner.
Zwischen Line-Dance und Leichensäcken
Christian Wolff ist zurück. Und er hat nicht nur seinen Taschenrechner entstaubt, sondern auch sein Herz geöffnet – so weit das eben geht, wenn man Zahlen lieber hat als Menschen. Acht Jahre nach dem ersten Teil geht Ben Affleck wieder als autistischer Super-Buchhalter auf Verbrecherjagd. Doch wer einen klassischen Action-Reißer erwartet, wird überrascht: The Accountant 2 ist weniger Killerdrama, dafür mehr (Brüder)komödie mit gelegentlichen Blutfontänen.
Rechengenie sucht Anschluss
Schon die erste Szene macht klar, dass hier einiges anders läuft: Beim Speeddating stürzen sich die Frauen auf Wolff wie Finanzbeamte auf ein Luxusauto ohne Kaufbeleg. Nicht etwa, weil er flirtet – sondern weil er das System geknackt hat. Der Mann hat den Fragebogen so ausgefüllt, dass er mit jeder Datepartnerin ideal matcht. Ein brillanter Trick, der sogleich wieder konterkariert wird: Er öffnet das Gespräch mit einer steuerrechtlichen Pointe, bei der selbst Kafka das Gesicht verzogen hätte. Ein Gag, der die Richtung vorgibt: schräg, schlagfertig und spürbar entspannter als der düstere Vorgänger.
Rain Man trifft Rambo
Regisseur Gavin O’Connor verpasst dem zweiten Teil eine deutliche Tonverschiebung. Statt düsteren Gängen, gebrochener Figuren und Gewalt als Lebenszweck erleben wir eine Art Roadmovie – mit Waffen. An Christians Seite diesmal vermehrt: sein Bruder Braxton, gespielt von Jon Bernthal. Zusammen sind sie ein ungleiches, aber wunderbar funktionierendes Duo – mehr Hangout als Hektik, mehr Chemie als Kalkül.
Wenn die beiden in einer Szene auf dem Dach eines Wohnmobils sitzen, Bier trinken und in aller Ruhe brüderlich schweigen, dann gehört das zu den stärksten Momenten des Films. Und das in einem Streifen, der nebenher noch einen Menschenhändlerring zerschlägt.

Action – nur mit angezogener Handbremse
Wer The Accountant von 2016 vor allem wegen seiner schnörkellosen Action mochte, muss sich umgewöhnen. Die Kämpfe sind rarer, dafür pointierter. Die große Sequenz kommt erst zum Schluss – und selbst die wirkt eher wie eine Pflichterfüllung im Genreheft. Stattdessen rücken andere Dinge in den Fokus: Dialoge. Figuren. Nähe. Und Line Dance, in dem Christian sich so überraschend wohlfühlt, dass man kurz vergisst, dass er eigentlich da ist, um ein kriminelles Netzwerk zu zerschlagen.
Das eigentliche Herz des Films schlägt in den kleinen Momenten: Christian, der überfordert flirten will. Braxton, der ihm dabei zur Seite steht wie ein Wingman aus einem vergessenen Top Gun-Outtake. Und eine Hackertruppe neurodivergenter Jugendlicher, die ihre Skills nicht für Memes, sondern für Gerechtigkeit einsetzen. Hier findet der Film zu einer eigenen Stimme – fernab vom klassischen Actionkino, näher am Charakterdrama mit Kante.
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Unser Fazit zu The Accountant 2
The Accountant 2 ist weniger Thriller, mehr Therapie – für seine Hauptfigur und für ein Genre, das endlich mal durchatmet. Statt bloßer Gewalt gibt’s diesmal Dialoge mit etwas mehr Tiefgang, Brüderliebe im Kugelhagel und eine Story, die mehr über Vertrauen erzählt als über Zahlen. Ein Film, für einen entspannten Kinoabend.
The Accountant 2 ist am 24. April 2025 in den deutschen Kinos angelaufen.
Pascal, Jahrgang 1998, lebt an der malerischen Nordsee und ist seit Ende 2024 Teil von Filmtoast. Er bringt dort seine Leidenschaft für Film und Serie ein – mit einem besonderen Fokus auf die handwerklichen Aspekte: Schnitt, Ton, Musik und Schauspiel stehen für ihn im Zentrum der Betrachtung. Beruflich ist Pascal als Kaufmann in der (Tiefkühl-)Logistik tätig, wo Struktur und Präzision genauso zählen wie in der Welt des Films. Serien wie House of Cards, The Morning Show und Infiltration gehören zu seinen Favoriten, während sein Filmspektrum von Blockbustern wie Inception und Star Wars bis hin zu Arthouse- und Independent-Produktionen reicht. Besonders beeindruckt hat ihn 1917, insbesondere in Bezug auf Schnitt und Kameraarbeit. Und wenn es um Soundtracks geht, steht für Pascal Hans Zimmer – allen voran mit seiner Komposition für Interstellar – ganz oben auf der Liste.