Klingt nach Con Air meets Yellowjackets im Wintergewand: In Remnick bekommt es Jason Clarke mit einem abgestürzten Flugzeug voller Gefangener zu tun – in Alaska. Ist die Apple TV+-Serie mehr als ein Aufguss bekannter Tropes?

Darum geht’s in Remnick
Frank Remnick (Jason Clarke) ist der einzige US-Marshal, der für die ruhigen, rauen Ödländer Alaskas zuständig ist. Sein Zuständigkeitsbereich gerät völlig aus dem Gleichgewicht, als ein Gefangenentransportflugzeug in der abgelegenen Wildnis abstürzt und dutzende gewalttätiger Häftlinge entkommen. Während er seiner Aufgabe nachgeht, die Stadt zu schützen, wie er es geschworen hat, hegt er den Verdacht, dass der Absturz kein Unfall war, sondernder Auftakt eines eines gut durchdachten Plans mit verheerenden Folgen.
Leicht pulpiger Action-Thriller – untypisch für Apple TV+
Hat Apple TV+ in einer ungewöhnlichen Häufung im Thrillerbereich eigentlich einen überwiegend bodenständigen Ton angeschlagen, geht man mit Remnick nun in eine für den Streamer eher außergewöhnliche Richtung. Denn hier nimmt man sich von Beginn an nicht allzu ernst, es steht eindeutig der Thrill im Vordergrund, nicht eine etwaige Botschaft oder kritische Ebene. Damit erinnert das Format doch sehr an beispielsweise die Graham Yost-Serie Justified – oder eben vor allem all das, was bei der Konkurrenz von Paramount von Serienschöpfer Taylor Sheridan verantwortet wird. Allein das Gefangenen-Thema legt die Parallele zu Mayor of Kingstown nochmals näher. Und wer damit etwas anzufangen weiß, wird sich auch hier sehr schnell gut aufgehoben fühlen!
Die Serie, die im Original den Titel „The Last Frontier“ hat, ist auf Spektakel gebürstet, ein bisschen effekthascherisch in Teilen. Das fällt besonders auf, wenn Musik zum Einsatz kommt. Denn die Songauswahl und vor allem die Lautstärke, mit der man hier agiert, ist schon fast penetrant. Dieses Format ist eindeutig mehr für diejenigen, die beispielsweise The Grey mit Liam Neeson mochten und weniger für die True Detective–Fraktion. Sollte es der Plan gewesen sein, beide Pole des Spektrum zu erreichen, dann müsste man das Vorhaben als gescheitert bewerten, den von Subtilität kann ihr in keinem Moment mehr die Rede sein.
Starker Lead …
Hat man sich aber damit arrangiert, dass Remnick keine Subebene – wie beispielsweise Wind River von Taylor Sheridan im gleichen Setting – hat, dann kann man durchaus Spaß mit der intensiv inszenierten Hatz in der Wildnis haben. Die Prämisse ist simpel, aber funktioniert: Nach dem Absturz müssen die entkommenen Sträflinge wiedergefunden, die Frage, was tatsächlich dahintersteckt, aufgeklärt werden. Dabei wirft uns der Showrunner allerhand spannende Figuren hin, die in unterschiedlichen Konstellationen verschiedene Herausforderungen bewältigen müssen und immer wieder moralische Dilemmata zu bewältigen haben. Jason Clarke als Titelheld ist eine exzellente Wahl, da er nicht zu den Stars gehört, denen qua voriger Rollen ein bestimmtes Image anheftet, das es verhindert ihn in einer ernsten Rolle in einem leicht überhöhten Plot als Anker der Bodenständigkeit zu akzeptieren. Kein übergroßer Held, sondern eben ein Typ, dem man den einfachen Marshal abkauft.
… und starkes Ensemble
Ein weiterer Effekt eines nicht alles und alle überstrahlenden Helden ist, dass die weiteren Darstellerinnen und Darsteller wesentlich mehr zur Geltung kommen. Und so spielen sich in Remnick gleich eine ganze Reihe bekannter und auch noch weitgehend unbekannter Gesichter in den Fokus. Insbesondere die verschiedenen Verbrecher auf der Flucht hinterlassen bleibenden Eindruck, sind abwechslungsreich besetzt, sodass die individuellen Geschichten für Abwechslung sorgen. Heraus ragt aber dennoch Dominic Cooper (Gold), der hier im Verlauf mehr und mehr über seine Vergangenheit und Motive offenbart, was immer wieder mit Twists verbunden ist. Mehr soll an dieser Stelle gar nicht verraten werden. Simone Kessel und Haley Bennett sind überdies wirklich starke Darstellerinnen in alles andere als eindimensionalen Frauenrollen.
Highlights sind neben der starken Ensemble-Performance natürlich die fantastischen Winterlandschaften, die vor allem aus der Vogelperspektive einen Eindruck der Dimensionen exzellent zu vermitteln schaffen, und einige für Serienverhältnisse enorm wertige Action-Setpieces, die sich vor beispielsweise Stirb Langsam nicht verstecken müssen (Auch diese Referenz-Nennung ist natürlich kein Zufall)

Der Schöpfer kennt sich aus
Hinter der neuen Actionthriller-Serie steckt ein Name, der sich hier über Jahre profilieren konnte: Jon Bokenkamp war als Showrunner maßgeblich am jahrelangen Erfolg von The Blacklist beteiligt. Hier wie dort darf man die Realismus-Latte nicht sonderlich hoch ansetzen, aber kann sich dank versierter dramaturgischer Kniffe hervorragend auf die Story einlassen. Ein Manko könnte lediglich sein, dass sich aufgrund der zehn Folgen doch hier und da mal etwas ruhigere Phasen nicht vermeiden lassen. Aber selbst dann überzeugen die Dialoge in den Beziehungs- und Konfrontationsszenen mindestens für eine Actionthriller-Serie, aber in der Mehrheit sogar genreübergreifend. Kurzum kann man festhalten, dass Apple TV+ ein weiteres Mal seiner Qualitätsführerschaft mit einem Neustart gerecht wird, weil man weiß, das richtige Personal bestmöglich einzusetzen weiß.
© Apple TV+
Unser Fazit zu Remnick
Mit seiner Herbst-Eventserie Remnick holt Apple TV+ vor allem Actionthriller-Fans mit einer spannenden Story in eisigem Setting ab. Dass die Serie am Ende sehr offen bleibt, ist nur dann ärgerlich, wenn man sie nicht fortsetzen würde. Dass man einige Twists aufgrund ihrer Absurdität nur kopfschüttelnd rezipieren kann, dagegen ist deutlich schmerzlicher. Das tut dem Spaß aber dank des gut aufgelegten Cast kaum Abbruch.
Remnick startet mit zwei Folgen am 10. Oktober bei Apple TV+
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.

