Ist es ein Zufall, dass Apple TV+ just bevor nach über zwei Jahrzehnten Happy Gilmore bei Netflix fortgesetzt wird, mit Stick eine Wohlfühl-Comedyserie im Golf-Milieu bringt? Wohl kaum. Aber gibt der als bieder geltende Sport tatsächlich genug her, um in kurzer Zeit zwei gute Formate hervorzubringen?
Stick – Die offizielle Handlung
Pryce Cahill (Owen Wilson) ist ein ehemaliger Profi-Golfer, dessen Karriere vor 20 Jahren ein jähes Ende fand. Als seine Ehe in die Brüche geht und er seinen Job in einem Sportgeschäft in Indiana verliert, setzt Pryce alles auf eine Karte und nimmt das 17-jährige Golf-Wunderkind Santi (Peter Dager) unter seine Fittiche. Stick ist eine rührende Komödie über Familie und Freundschaft in der Golfwelt, wie sie noch nie gezeigt wurde
Die Ted Lasso-Formel – mit Golf ?!
Trotz der Tiger Woods Popularität und dessen Skandale in den späten 00er-Jahren und trotz der Tatsache, dass Golf inzwischen sogar olympisch ist, genießt der Sport weiterhin ein eher schlecht für die Massen taugliches Image. Doch insbesondere der schon in der Einleitung erwähnte Happy Gilmore hat seinerzeit bewiesen, dass das Lochspiel alles andere als langweilig und unlustig bleiben muss. Lange hat es für das Sequel zum Adam Sandler-Klassiker gedauert, aber vielleicht auch angespornt durch den Erfolg von Ted Lasso – also einer Sport-Comedyserie, bei der es erst zweitrangig um den eigentlichen Sport geht – hat sich Apple TV+ wohl gedacht, dass man rund um den Release der Gilmore-Fortsetzung auch den Abschlag wagt.
Und auch wenn ich Happy Gilmore 2 noch nicht sehen konnte, so kann ich schon einmal vollmundig versprechen: Mit Stick hat Apple TV+ eine verdammt starke Serie in diesem Metier vorgelegt, die nämlich genau nicht den Fehler macht, im Sandler-Bunker rumzufuchteln, sondern eher auf die Schiene setzt, die Ted Lasso zu einem wahrhaften Pop-Phänomen gemacht hat: Herz, liebenswerte Figuren und eine Geschichte, die einerseits Verständnis dafür vermittelt, warum Golf doch für viele Menschen eine Leidenschaft ist und andererseits aber sehr gut mit etwaigen Klischees und Vorurteilen mit viel ehrlicher Selbstironie ins Gericht geht.

Comedy-Stars lochen treffsicher ein
Schon in Loki hat der RomCom-Beau der 00er-Jahre, Owen Wilson, reüssiert und sich charmant-verpeilt zum Fanliebling gemausert. Nun gibt er in der Hauptrolle von Stick einen klassischen Sport-Dramedy-Charakter, nämlich den ehemaligen Profi, der es nie komplett an die Spitze geschafft hat und nun in der Mentorenrolle für ein Ausnahmetalent eine zweite/letzte Chance erspäht. Wie eh und je ist Wilson ein Sympathieträger von Sekunde eins an und qua seines fortgeschrittenen Alters wirkt es, als hätte man für diese Geschichte nur darauf gewartet bis er genau das passende Alter hat.
Die Dynamik zwischen ihm und seinem Zögling, charismatisch gespielt von Peter Dager, ist wohl DER USP dieser neuen Comedy-Show. Leichtfüßig sitzen die neckischen Sprüche, wobei aber immer die Herzlichkeit durchschimmert – eben ganz wie bei den Apple-TV+-Hits Shrinking, Trying oder Ted Lasso. Der iPhone-Riese hat inzwischen so etwas wie seine eigene Comedy-Stilrichtung etabliert und neben der Tonalität gehört dazu auch ein gut aufeinander abgestimmtes Ensemble, oftmals angereichert mit Stars mit weitreichender Comedy-Erfahrung.

Stand-Up-Ikone und Glow-Star Marc Maron ist hierfür in Stick wohl das beste Beispiel. Immer ein bisschen verlottert und kauzig daherkommend, aber gleichzeitig grundsympathisch und bodenständig, wächst einem seine Figur sofort ans Herz. Würde man Apple TV+ so etwas wie Formelhaftigkeit unterstellen, man könnte in ihm das Pendant zu Harrison Ford aus Shrinking sehen… Auch Judy Greer ist eine sichere Bank und passt mit ihrer ebenfalls unwiderstehlich sympathischen Aura perfekt ins Wohlfühlklima der Produktion.
Ein Hole in One für die Liebe?
On Top kommt dann auch in dieser Serie wieder ein Hauch von soapiger Romantik, die haarscharf am Kitsch vorbeischrammt. Gleich an mehreren Fronten kommt es zu süßen Will-They-Won’t-They-Konstellationen, die allesamt glaubhaft konstruiert sind und dem geneigten RomCom-Fan das Daumendrücken nahezu aufdrängen. Schön ist es in einem Coming-of-Age-Subplot dem jungen Golftalent zuzuschauen, wie er eben nicht nur ins Profisportgeschäft reinwächst, sondern auch erste Beziehungserfahrungen macht – wobei hier natürlich auch ein bisschen Drama vorprogrammiert ist, sonst wäre es ja zu harmonisch und komplett langweilig. Auch die Chemie zwischen Dager und Lillie Kay stimmt hier außerordentlich.
Die Story ist ziemlich vorhersehbar und folgt den klassischen Stationen dieser Sporttalent-Geschichten. Aber das tat ja Ted Lasso prinzipiell auch – und ist trotzdem oder gerade deswegen zum Welthit gekommen, weil sich das Publikum manchmal einfach in ein weiches Kissen fallen lässt, das einem ein Stück weit mit „einfachen“ Lösungen von der harten Realität abschirmt.
Diese Form von Feelgood-Eskapismus mit ein bisschen dramatischer Fallhöhe steckt auch in Stick, denn selbstverständlich haben fast alle Charakter, vor allem aber natürlich die Owen Wilson-Figur, ein Päckchen zu schleppen, das sich erst im Verlauf vollständig offenbart und dann in Verbindung mit der Rolle im Jetzt zur Katharsis führt. Der Rückblick in Folge 7 ist dabei der emotionale Punch, der die leichtfüßige Comedy nochmal auf das nächste Level bringt, um sie tatsächlich mit besagten anderen Apple TV+-Formaten in einem Atemzug zu nennen.
© Apple TV+
Unser Fazit zu Stick
Apple TV+ hat es schon wieder getan: Auf scheinbar ausgetretenen Pfaden und in einem Setting, das erstmal alles andere als attraktiv für den Mainstream anmutet, ist mit Stick eine Feelgood-Serie am Start, die mehr als nur ein Lückenfüller ist, während man auf neue Folgen von Shrinking oder Ted Lasso wartet. Greifbare Schicksale, nahbare Charaktere und ein gelungenes Spiel mit den Klischees des Golfermilieus machen den Neustart zu einem Birdie auf dem entscheidenden Loch. Und jeder Golfer weiß, nicht jeder Put sitzt wie er sollte, aber der nächste Abschlag kommt bestimmt!
Stick startet am 3. Juni 2025 bei Apple TV+ mit zwei Folgen und geht danach im Wochenrhythmus weiter!
Daheim in Oberfranken und in nahezu allen Film- und Serienfranchises, schaut Jan mehr als noch als gesund bezeichnet werden kann. Gäbe es nicht schon den Begriff Serienjunkie, er hätte bei über 200 Staffeln im Jahr für ihn erfunden werden müssen. Doch nicht nur das reine Konsumieren macht ihm Spaß, das Schreiben und Sprechen über das Gesehene ist mindestens eine genauso große Passion. Und so ist er inzwischen knapp fünf Jahre bei Filmtoast an Bord und darf hier seine Sucht, ähm Leidenschaft, ausleben. Die wird insbesondere von hochwertigen HBO- und Apple-Serien immer wieder aufs Neue angefacht und jeder Kinobesuch hält die Flamme am Lodern. Es fällt Jan, wie ihr euch bestimmt wegen der Masse an Geschautem vorstellen könnt, schwer, Lieblingsfilme, -serien oder auch nur Genres einzugrenzen. Er ist und bleibt offen für alles, von A wie Anime bis Z wie Zack Snyder.