Regisseur Vincenco Natali hat bereits mit Splice und Cube bewiesen, dass er ein Händchen für stimmungsvollen Nervenkitzel hat. Auch in dem Netflix-Film Im hohen Gras konnte sich seine Erfahrung gewinnbringend auszahlen. Erfahrt im Folgenden, ob sich eine Sichtung lohnt und wo der Mystery-Thriller aus der Feder von Stephen King eventuell schwächelt!
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No data available.Die Story von Im hohen Gras
Die schwangere Becky (Laysla De Oliveira) und ihr Bruder Cal (Avery Whitted) machen gerade eine kurze Pause von ihrer langen Autofahrt, als sie plötzliche eine Stimme hören. Es stellt sich heraus, dass die Schreie von einem kleinen Jungen stammen, der sich augenscheinlich in einem Feld inmitten von hohem Gras verlaufen hat und nicht mehr herausfindet. In Sorge um den Jungen stürmen die beiden Geschwister kurzerhand in das Feld, um ihn zu retten. Es verstreichen mehrere Minuten, doch sie finden den Jungen einfach nicht. Obwohl sie stets seiner Stimme folgen, scheinen sie ihm keinen Schritt näher zu kommen. Langsam aber sicher stellt sich heraus, dass auch sie nicht mehr aus dem schier unendlich erscheinenden Feld herauskommen.
Nachdem sie stundenlang orientierungslos in der grünen Hölle umher gewandert sind, wird Becky und Cal klar, dass eine finstere Kraft das Feld beherrscht. Es dauert nicht lange und sie werden voneinander getrennt. Nun, vollkommen orientierungslos und abgeschirmt von der Außenwelt, beginnt sich Panik breit zu machen. Doch mit Entsetzen müssen sie feststellen, dass gefunden zu werden wesentlich schlimmer ist als sich nur zu verlaufen.
Im hohen Gras – Mehr Mystery als Horror
„Keine Angst, Sohn! Das ist alles nur Fleisch und alles Fleisch ist Gras.“
Die Pokémon bereit gemacht! Es geht ab ins hohe Gras!
Hohes Gras ist nicht nur der pure Horror für einen jeden, der Wert auf seinen gepflegten, kleinen Garten legt, sondern auch für unsere Protagonisten in dem Film. Wobei Im hohen Gras mehr Mystery-Thriller denn Horrorfilm ist. Auch wenn einige Szenen durchaus das Potenzial besitzen, zu gruseln oder zu schocken, ist ein Großteil der Laufzeit von einer rätselhaften Spannung durchzogen. Einer Spannung, die leider nach den ersten 20 Minuten enorm ins Straucheln gerät. Aber kommen wir erst einmal zu den positiven Seiten des auf dem gleichnamigen Roman von Stephen King basierenden Streifens. Im hohen Gras kommt wie eine Mischung aus Cube und Triangle daher und hält einige schockierende Szenen parat, die vor allem Patrick Wilson (Aquaman) geschuldet sind. Doch dazu später mehr, denn der wahre Hauptdarsteller ist eindeutig das Gras selbst.
Nichts als Gras
Im hohen Gras spielt, wer hätte es erwartet, größtenteils ausschließlich im hohen Gras. Da drängt sich natürlich sofort die Frage auf, ob sich das Setting dieser Grünen Hölle auf Dauer nicht vielleicht abnutzt? Die Antwort darauf lautet keineswegs! Denn Natali versteht sich darauf, einen faszinierenden Sog in seinen unheilvollen Bildern zu kreieren, sodass man als Zuschauer von der Optik her stets am Ball gehalten wird. Seien es Wassertropfen, in denen sich das Gras spiegelt, fieberhafte Traumsequenzen oder das silberne Mondlicht in Kombination mit einem schon beinahe zu schönen Score. Visuell ist der Film wirklich überaus gelungen und holt aus seinem sehr schmalen Setting alles raus. Der Film hätte mit seiner tollen Kinematografie auch locker im Kino laufen können.
Spannungsflaute
Ebenso wie das Setting wissen auch die Darsteller solide bis überzeugend zu spielen. Hier sind es allen voran der Jungdarsteller Willie Buie Jr. sowie Patrick Wilson, der wirklich eine beachtliche, unangenehme und schockierende Performance abliefert. Er tanzt dabei sehr auf der Rasierklinge, schafft es aber, im Gegensatz zu einigen der anderen Figuren, nicht ins Over-Acting abzudriften oder zu nerven. Eine Sichtung mit Kopfhörern sei an dieser Stelle übrigens wärmstens empfohlen, denn Im hohen Gras spielt viel mit seiner Soundkulisse und der trügerischen, auditiven Wahrnehmung. Das raschelnde, leicht windumwogene Gras, Schritte und gedämpfte Stimmen sorgen für eine verlorene Atmosphäre. Doch am schlimmsten ist es, wenn die Soundkulisse abrupt abbricht.
An sich schafft es der Film, einem genügend Mystery-Futter vorzuwerfen, dass man zumindest am Ball bleiben will. Zumindest in der ersten halben Stunde. Dann beginnt der Streifen, sich zu ziehen und schon fast ein wenig anstrengend zu werden. Nicht, weil das Setting nichts hergibt, sondern weil man hier die Chance verpasst hat, die Schlinge dramaturgisch enger zu ziehen. Eine Kürzung von mindestens 20 Minuten hätte hier wirklich gut getan. Horrorfans dürften ebenfalls aufgrund der eher rar gesäten bis kaum vorhandenen Horrorelemente enttäuscht werden. Nichtsdestotrotz erzeugt der Film eine zumeist klaustrophobische und fiebrige Stimmung.
Mein Fazit zu Im hohen Gras
Der Streifen überzeugt größtenteils durch sein wirklich atmosphärisches Setting, einige gute Darstellerleistungen und seine Atmosphäre, lässt die Spannung im Mittelteil aber fast komplett vermissen. Letzten Endes ist Im hohen Gras aber wieder einmal ein Netflix-Film wie schon etliche viele vor ihm. Einer, der schon nach kürzester Zeit in der gedanklichen Versenkung verschwinden wird, obgleich er einige Qualitäten bereit hält. Ob das dann trotzdem noch eine Sichtung wert ist, muss jeder selbst entscheiden. Allzu viel falsch macht man mit ihm jedenfalls nicht.
Unsere Wertung:
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