Netflix setzt mal wieder auf Nostalgie und lädt uns mit Fear Street: Prom Queen zu einem blutigen Abschlussball in den 80ern ein. Lohnt sich die schaurige Zeitreise oder bleibt man besser im Hier und Jetzt?
Darum geht’s in Fear Street: Prom Queen
Willkommen zurück in Shadyside! In dieser neuen Fortsetzung der blutrünstigen Fear Street-Reihe, steht an der Shadyside High der Schulball bevor und die beliebtesten Mädchen der Schule kämpfen mit den üblichen niedlichen und fiesen Tricks um die Krone. Doch als eine Außenseiterin Mut beweist und ebenfalls antritt, beginnen die anderen Mädchen auf mysteriöse Weise zu verschwinden. Der Jahrgang ’88 muss sich auf einen Schulball gefasst machen, der es in sich hat.

Ein kleiner Rückblick auf die Reihe
Vier Jahre – oder besser gesagt Fear-Jahre – ist der letzte Ausflug nach Shadyside her. Basierend auf der bekannten Jugendbuchreihe von R.L. Stine veröffentlichte Netflix 2021 innerhalb von drei Wochen gruselige Zeitreisen in die Jahre 1994, 1978 und 1666. Diese zeichnen sich neben gelungenen Schockeffekten vor allem durch eine nostalgische Inszenierung und die bewusste Wiederverwertung beliebter Horror-Tropen aus.
Obwohl sie auf Bekanntem basieren, lässt sich der Reihe weder ein solider Unterhaltungswert noch ein gewisser Grad an Kreativität absprechen: Die Darsteller sind sympathisch, die Gewaltszenen überraschend brutal und angesichts der allgegenwärtigen 80er-Nostalgie bringen die Rückgriffe auf die 70er- und 90er-Jahre zumindest etwas Abwechslung ins Spiel. Der dritte Teil verzichtet sogar zeitweise auf die Retro-Elemente und setzt stattdessen auf eine düstere Atmosphäre, die mit einem überraschenden Twist abgerundet wird.
Zurück in die 80er
Angesichts des Erfolgs der vorangegangenen Teile ist es wenig überraschend, dass der vierte erneut auf das bewährte Konzept setzt, obwohl er inhaltlich kaum Verbindungen aufweist. Diesmal geht es zurück in die 80er und damit setzt man auf einen Trend, der längst seinen Reiz verloren hat. Fear Street: Prom Queen kann der Thematik auch keinen neuen Aspekt abgewinnen. Während andere Produktionen das Jahrzehnt kontextualisieren oder zumindest sinnvoll in die Handlung einbetten, dient es hier lediglich als Kulisse, um auf möglichst einfache Weise nostalgische Gefühle zu wecken. Unterlegt von einem Synthesizer-Sound achtet das Kamerateam akribisch darauf, dass dem Publikum kein noch so kleines Ausstattungsdetail entgeht. Aber ein Retrofilter, eine 80er-Spotify-Playlist und ein Haufen Memorabilien ergeben noch lange keinen stimmigen Rückblick, denn Äußerlichkeiten allein fangen das Lebensgefühl der 80er nicht ein.
Blasse Kopien von gängigen Stereotypen
Wie die Ausstattung dienen auch die Figuren ausschließlich dazu, den Wiedererkennungswert zu steigern. Sie orientieren sich an den gängigen Highschool-Archetypen der 80er Jahre und dürfen kein Eigenleben entwickeln. Da sie nur Erinnerungen wecken, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen sollen, haben ihre Eigenschaften keine Relevanz für die Handlung. Sie sind blass, eindimensional und vor allem austauschbar. Ihre Beziehungen und Motivationen werden ausschließlich durch Voice-over oder Monologe vermittelt, weshalb die jungen Darsteller:innen keine Chemie entwickeln können, um glaubwürdige Interaktionen zu zeigen. Selbst bekanntere Namen wie Katherine Waterston (Phantastische Tierwesen, The Agency) und Chris Klein (American Pie) können ihre Schauspielerfahrung nicht nutzen, um ihren profillosen Rollen wenigstens etwas Tiefe zu verleihen.

Wer ist eigentlich die Zielgruppe?
Die Fear Street-Reihe pendelt zwischen Teenie-Drama und knallhartem Slasher – eine widersprüchliche Mischung: Während Setting und Gewaltgrad klar auf ein erwachsenes Publikum abzielen, soll der Coming-of-Age-Ansatz – trotz der berechtigten Freigabe ab 18 Jahren– deutlich jüngere Zuschauer:innen ansprechen. Diese Diskrepanz wird auch diesmal nicht aufgelöst, allerdings unterscheiden sich die beiden Elemente hier deutlich in der Inszenierungsart. Die Slasherszenen punkten mit blutiger Kreativität, handgemachten Effekten, groteskem Over-the-Top-Charme und einer ordentlichen Portion schwarzem Humor. Die Dezimierungen folgen zwar immer demselben Schema und sind nicht spannend choreografiert, überraschen jedoch durch einen kontinuierlich steigenden Gewaltgrad – was empfindlichen Mägen zusetzen dürfte – und zunehmende Absurdität. Die Auflösung ist erfrischend simpel und sinnig, hat aber auch deutliche Scream Anleihen.
Der Rest der Handlung ist hingegen so dröge und klischeehaft inszeniert, dass sie sich trotz der kurzen Laufzeit wie Kaugummi zieht. Da keinerlei Bindung zu den Figuren entsteht, wirken ihre banalen Konflikte um Beliebtheit und Songlisten so ermüdend, dass man die Zeit zwischen den brutalen Dezimierungen am liebsten mit einem Glas gepanschter Bowle überbrücken möchte.
© Netflix 2025
Unser Fazit zu Fear Street: Prom Queen
Fear Street: Prom Queen bemüht sich um Retro-Horror-Charme, wirkt dabei jedoch eher wie eine mittelmäßige 80er-Mottoparty mit sehenswerten Goreeffekten. Autor und Regisseur Matt Palmer begnügt sich mit bloßem Reproduzieren von Inhalten und stellt damit die Frage in den Raum, warum man sich eine auf alt getrimmte Kopie eines Slashers ansehen sollte, wenn zahlreiche Originale jederzeit digital verfügbar sind.
Fear Street: Prom Queen ist seit dem 23.Mai 2025 auf Netflix zu sehen.
Stefan ist in der Nähe von Wolfenbüttel beheimatet, von Beruf Lehrer und arbeitet seit Mai 2024 bei Filmtoast mit. Seit seiner Kindheit ist er in Filme vernarrt. Seine Eltern haben ihn dankenswerterweise an Comics und Disneyfilme herangeführt. Bis zu seinem 8. Lebensjahr war es für ihn nicht nachvollziehbar, wie man Realfilme schauen kann. Aber nach der Sichtung des Films Police Academy und natürlich der Star Wars- Filme hat sich das geändert. Natürlich waren in seiner Kindheit auch die Supernasen, die Otto- und Didifilme Pflichtprogramm, denn worüber sollte man sonst mit den Anderen reden? Deswegen mag er einige dieser Filme bis heute und schämt sich nicht dafür.
Stefan setzt sich für die Erhaltung der Filmwirtschaft ein. Sei es durch Kinobesuche, DVD/ Blu- Ray/ UHD oder Streaming, je nach dem welches Medium ihm geeignet erscheint. Sein filmisches Spektrum und seine Filmsammlung hat sich dadurch in den letzten 30 Jahren deutlich erweitert, weswegen er sich nicht auf ein Lieblingsgenre festlegen kann.