In Amazons neuester Thriller-Serie liegt das Schicksal von Los Angeles in den Händen einer neu formierten Task-Force. Können sie das Unglück aufhalten, bevor der Countdown abläuft?
Darum geht’s in Countdown
Als ein Offizier des Department of Homeland Security am helllichten Tag ermordet wird, wird LAPD-Detektiv Mark Meachum, dargestellt von Ackles, zusammen mit verdeckten Agenten aus allen Bereichen der Strafverfolgungsbehörden in eine geheime Task Force rekrutiert, um Nachforschungen zu ermitteln. Aber die Jagd nach dem Mörder deckt bald eine Verschwörung auf, die viel unheimlicher ist, als irgendjemand hätte vorstellen können, und einen Wettlauf gegen die Zeit auslegt, um eine Stadt von Millionen zu retten.

Ohne Uhr im Untergrund
Momentan gibt es bei Amazon eine klare Tendenz zu verdeckten Einsätzen: Erst wurden in der unterhaltsamen Komödie Deep Cover Improvisationskünstler in einen Drogenschmugglerring eingeschleust und nun muss eine Gruppe Undercover-Agenten unter Zeitdruck eine ganze Stadt retten. Diese Idee – kombiniert mit dem Serientitel – weckt unweigerlich Erinnerungen an 24. Doch während 24 von der ersten Minute an mit seinem Echtzeitkonzept Spannung erzeugt, gelingt es hier in den ersten drei Folgen noch nicht, diesen zeitlichen Druck spürbar zu machen, obwohl die Bedrohung frühzeitig enthüllt wird. Es fehlt schlichtweg der titelgebende Countdown, sodass nie deutlich wird, wieviel Zeit den Protagonisten eigentlich bleibt, um ein Problem zu lösen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Charaktere selbst im Angesicht der drohenden Katastrophe Zeit für Nebensächlichkeiten finden, während der Ernst der Lage sie kaum zu berühren scheint.
Profis ohne Profil
Die ersten Folgen dienen vor allem dazu, den Ton der Serie zu setzen und die Figuren einzuführen – wobei Letzteres eher rudimentär geschieht: Es gibt den coolen Bad-Ass-Agenten (Jensen Ackles), der nicht nach den Regeln spielt und ein dunkles Geheimnis hat; die coole Bad-Ass-Agentin (Jessica Camacho), die ebenfalls nicht nach den Regeln spielt und auch ein dunkles Geheimnis hat; sowie den coolen Bad-Ass-Chef (Eric Dane), der sich auch nicht an die Regeln hält – allerdings zur Abwechslung mal ohne dunkles Geheimnis.
Aufgrund ihrer Anführer-Mentalität bleiben die drei im Gedächtnis, während der Rest – ein muskulöser Agent (Uli Latukefu), der Arbeit und Familie unter einen Hut bringen möchte, sowie zwei austauschbare Computerprofis (Violett Beane, Elliot Knight), die offenbar fürs Figuren-Wiki zuständig sind – in der Masse von Charakteren erstmal untergehen. Weil bislang kaum Charakterzeichnung stattfindet, wirkt das Zusammenspiel der Truppe verkrampft und die Dialoge gezwungen cool. Auch die eingestreuten Konflikte erscheinen bislang eher forciert als organisch.
Dafür bekommt der Oberschurke – der an dieser Stelle noch nicht verraten wird – mehr Hintergrundgeschichte spendiert als alle Helden zusammen und auch Jonathan Togo darf als stellvertretender Task-Force-Leiter in einigen Szenen alle anderen an die Wand spielen, um bestimmte Ereignisse zu dramatisieren.
Ton ab, Wackelkamera läuft und Action
Statt auf Figurenentwicklung setzt Serienschöpfer Derek Haas von Beginn an auf abwechslungsreiche Action: Jede Folge bietet mehrere adrenalingeladene Szenen sowie zahlreiche Schauplatzwechsel, die Tempo und Spannung hochhalten. Besonders hervorzuheben ist dabei eine von Sicario inspirierte Sequenz in Folge zwei. Untermalt werden diese Szenen von einem treibenden, gitarrenlastigen Soundtrack und stimmungsvollen Bildern des sonnendurchfluteten Kaliforniens, die Los Angeles effektvoll ins rechte Licht rücken. Diese Ästhetik passt zwar gut zum Szenario, wurde jedoch bereits häufig verwendet und ist dementsprechend die naheliegendste Wahl. Der Einsatz der Wackelkamera in Kombination mit einer hektischen Schnittfolge erweist sich in den Kampfszenen einmal mehr als Stilmittel, das der Inszenierung eher schadet als nützt, sodass die gute Choreografie im Chaos der Bilder untergeht.

Um Abwechslung in die Action zu bringen, schlägt die Story allerdings einige Abzweigungen ein, welche die eigentliche gradlinige Erzählung verkomplizieren, aber irgendwie muss man ja auch die Laufzeit von knapp acht Stunden unterhaltsam füllen.
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Unser Fazit zu Countdown
Countdown birgt viel Potenzial, das in den ersten drei Folgen noch nicht voll zur Geltung kommt: Der Inszenierung fehlt es an Druck, um die Dringlichkeit der Mission überzeugend zu vermitteln, manche der eingestreuten Stolpersteine wirken angesichts der Bedrohungslage zu konstruiert und die Mitglieder der Task-Force haben zu wenig Kontur. Trotzdem baut sich allmählich eine Figuren-Dynamik auf, die sich mit zunehmender Laufzeit positiv auf das Zusammenspiel der Darsteller:innen auswirkt. Dank vieler Actionszenen kommt keine Langeweile auf und am Ende der dritten Folge kristallisiert sich auch langsam ein klarere Struktur heraus. Vermutlich werden nach Ablauf des Countdowns nicht alle Schwächen behoben sein, doch der generelle Unterhaltungsfaktor dürfte erhalten bleiben.
Countdown startet am 25. Juni bei Amazon Prime Video.
Stefan ist in der Nähe von Wolfenbüttel beheimatet, von Beruf Lehrer und arbeitet seit Mai 2024 bei Filmtoast mit. Seit seiner Kindheit ist er in Filme vernarrt. Seine Eltern haben ihn dankenswerterweise an Comics und Disneyfilme herangeführt. Bis zu seinem 8. Lebensjahr war es für ihn nicht nachvollziehbar, wie man Realfilme schauen kann. Aber nach der Sichtung des Films Police Academy und natürlich der Star Wars- Filme hat sich das geändert. Natürlich waren in seiner Kindheit auch die Supernasen, die Otto- und Didifilme Pflichtprogramm, denn worüber sollte man sonst mit den Anderen reden? Deswegen mag er einige dieser Filme bis heute und schämt sich nicht dafür.
Stefan setzt sich für die Erhaltung der Filmwirtschaft ein. Sei es durch Kinobesuche, DVD/ Blu- Ray/ UHD oder Streaming, je nach dem welches Medium ihm geeignet erscheint. Sein filmisches Spektrum und seine Filmsammlung hat sich dadurch in den letzten 30 Jahren deutlich erweitert, weswegen er sich nicht auf ein Lieblingsgenre festlegen kann.